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Steuerliche Änderung durch Konjunkturpaket

4. Juni 2020

Lesedauer: 5 Minuten

Sehr geehrte Damen und Herren,

am gestrigen Abend haben sich Union und SPD auf ein weiteres Konjunkturpaket geeinigt. Wir haben das 15 seitige Ergebnisprotokoll des Koalitionsausschusses für Sie analysiert und die aus unserer Sicht wichtigsten Punkte aus steuerlicher Sicht unten aufgeführt:

Bitte beachten Sie, dass es sich lediglich um eine Einigung des Koalitionsausschusses handelt, in dem die Vorhaben grob geregelt wurden. Detailfragen werden mit Sicherheit auftreten und können aber nur belastbar beantwortet werden, sobald die entsprechenden Gesetzeswortlaute vorliegen.

  • Mehrwertsteuersenkung
    Das Herzstück des Konjunkturpaketes soll laut Regierung die zeitlich befristete Mehrwertsteuersenkung darstellen: Vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2020 wird der Mehrwertsteuersatz von 19 auf 16 Prozent und der ermäßigte Satz von 7 Prozent auf 5 Prozent gesenkt.

Wir bitten Sie dies in der entsprechenden Rechnungsstellung zu beachten und zu berücksichtigen. Sicherlich werden Sonderfälle bzw. Fragestellungen auftreten, die es zu lösen gilt. Wir erwarten in den kommenden Wochen ein entsprechendes BMF Schreiben diesbezüglich, worüber wir Sie umgehend informieren werden.

Bitte beachten Sie die Änderungen in Ihren möglichen Kassensystemen, Rechnungsstellungsprogrammen, bei Ihren Onlineshops mit automatischer Rechnungsstellung und ggf. bei der Änderung von Dauerrechnungen sowie der Aufteilung von Rechnungen mit übergreifenden Leistungsdaten von Juni 2020 – Juli 2020 (oder später) und jahresübergreifenden Leistungserbringungen. Des Weiteren müssen Sie bitte – falls wir Buchungssätze über Schnittstellen verarbeiten – diese bitte entsprechend anpassen lassen.

Inwieweit diese zeitlich – auf 6 Monate – befristete Mehrwertsteuersenkung auch den tatsächlich für die Unternehmen verbundenen Aufwand rechtfertigen bleibt u.E. abzuwarten. Der Unternehmer, der die Mehrwertsteuersenkung vollständig an den Verbraucher weitergibt (so ist der Tenor des Gesetzgebungsvorhabens) ist zunächst mit administrativem Mehraufwand belastet und kann nur auf eine erhöhte Nachfrage durch die Senkung der Mehrwertsteuersätze hoffen. Auch und gerade im reinen B2B Bereich, bei dem beide Seiten vorsteuerabzugsberechtigt sind, führt die befristete Neuregelung u.E. ausschließlich zu Mehraufwand.

Wie bereits beschrieben gehen wir davon aus, dass es ein klarstellendes BMF Schreiben zu dieser Thematik geben wird, worüber wir Sie unmittelbar nach Veröffentlichung über diesen Weg informieren werden.

  • Kinderbonus
    Es ist für Familien ein Kinderbonus von 300 EUR pro kindergeldberechtigtes Kind geplant. Dieser Bonus muss allerdings versteuert werden.
  • Sozialabgaben
    Um eine Steigerung der Lohnnebenkosten zu verhindern, plant die Koalition eine sogenannte  „Sozialgarantie 2021“. Die Sozialversicherungsbeiträge sollen durch milliardenschwere Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt bei maximal 40 Prozent stabilisiert werden. Durch dieses Vorhaben sollen die Nettoeinkommen der Arbeitnehmer geschützt werden.

  • Weitere Überbrückungshilfen
    Zur Sicherung der Existenz von kleinen und mittelständischen Unternehmen soll für Corona-bedingten Umsatzausfall ein Programm für Überbrückungshilfen aufgelegt werden.Die Überbrückungshilfe soll für die Monate Juni bis August gewährt werden. Die Überbrückungshilfe gilt branchenübergreifend, wobei den Besonderheiten der besonders betroffenen Branchen wie Hotel- und Gaststättengewerbe, Caterer, Kneipen, Clubs und Bars, Reisebüros, Schaustellern, Unternehmen der Veranstaltungslogistik sowie Unternehmen im Bereich um Messeveranstaltungen angemessen Rechnung getragen werden soll.

    Antragsberechtigt sollen Unternehmen sein, deren Umsätze Corona-bedingt in April und Mai 2020 um mindestens 60% gegenüber April und Mai 2019 rückgängig gewesen sind und deren Umsatzrückgänge in den Monaten Juni bis August 2020 um mindestens 50 % fortdauern. Bei Unternehmen, die nach April 2019 gegründet worden sind, sind die Monate November und Dezember 2019 heranzuziehen. Erstattet werden sollen bis zu 50 % der fixen Betriebskosten bei einem Umsatzrückgang von mindestens 50 % gegenüber Vorjahresmonat. Bei einem Umsatzrückgang von mehr als 70 % können bis zu 80 % der fixen Betriebskosten erstattet werden. Der maximale Erstattungsbetrag beträgt 150.000 Euro für drei Monate. Bei Unternehmen bis zu fünf Beschäftigten soll der Erstattungsbetrag 9.000 Euro, bei Unternehmen bis 10 Beschäftigten 15.000 Euro nur in begründeten Ausnahmefällen übersteigen. Überzahlungen sind zu erstatten. Die Antragsfristen enden jeweils spätestens am 31.8.2020 und die Auszahlungsfristen am 30.11.2020.

  • Einfuhrumsatzsteuer
    Die Fälligkeit der Einfuhrumsatzsteuer soll auf den 26.des Folgemonats verschoben werden. Dies soll den Unternehmen einen entsprechenden Liquidationsvorteil bieten.
  • Steuerliche Verlustrücktrag
    Der steuerliche Verlustrücktrag wird -gesetzlich -für die Jahre 2020 und 2021 auf maximal 5 Mio. Euro bzw. 10 Mio. Euro (bei Zusammenveranlagung) erweitert. Es wird ein Mechanismus eingeführt, wie dieser Rücktrag unmittelbar finanzwirksam schon in der Steuererklärung 2019 nutzbar gemacht werden kann, z.B. über die Bildung einer steuerlichen Corona-Rücklage. Die Auflösung der Rücklage erfolgt spätestens bis zum Ende des Jahres 2022.
  • Degressive Abschreibung
    Als steuerlicher Investitionsanreiz wird eine degressive Abschreibung für Abnutzung (AfA) mit dem Faktor 2,5 gegenüber der derzeit geltenden AfA und maximal 25% Prozent pro Jahr für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens in den Steuerjahren 2020 und 2021 eingeführt.
  • Optionsmodell Körperschaftsteuer sowie Anhebung Ermäßigungsfaktor Gewerbesteuermessbetrag
    Um die Wettbewerbsbedingungen für Unternehmen zu verbessern, soll das Körperschaftssteuerrecht modernisiert werden: u.a. soll es ein Optionsmodell zur Körperschaftsteuer für Personengesellschaften geben und die Anhebung des Ermäßigungsfaktors bei Einkünften aus Gewerbebetrieb auf das Vierfache des Gewerbesteuer-Messbetrags. Hier bleibt abzuwarten wie dieses Optionsmodell konkret aussehen soll.
  • Mitarbeiterbeteiligungen bei Start Ups
    Start Up Unternehmen soll eine attraktive Möglichkeit gegeben werden zukünftig Mitarbeiterbeteiligungen einfacher umzusetzen.
  • Entschuldungsverfahren bei privaten Insolvenzen
    Das Entschuldungsverfahren für natürliche Personen bei Insolvenzen soll auf drei Jahre verkürzt werden, damit ein schneller Neustart nach einer Insolvenz möglich sein soll.
  • Entlastungsbeitrag für Alleinerziehende
    Auf Grund des höheren Betreuungsaufwand gerade für Alleinerziehende in Zeiten von Corona und den damit verursachten Aufwendungen wird befristet auf 2 Jahre der Entlastungsbeitrag für Alleinerziehende von derzeit 1.908 Euro auf 4.000 Euro für die Jahre 2020 und 2021 angehoben und damit mehr als verdoppelt
  • Förderung von Ausbildungsplätzen
    Der Lernerfolg von Auszubildenden soll auch in der Pandemie nicht gefährdet werden. KMU, die ihr Ausbildungsplatzangebot 2020 im Vergleich zu den drei Vorjahren nicht verringern, erhalten für jeden neu geschlossenen Ausbildungsvertrag eine einmalige Prämie in Höhe von 2.000 Euro, die nach Ende der Probezeit ausgezahlt wird. Solche Unternehmen, die das Angebot sogar erhöhen, erhalten für die zusätzlichen Ausbildungsverträge 3.000 Euro. KMU, die ihre Ausbildungsaktivität trotz Corona-Belastungen fortsetzen und Ausbilder sowie Auszubildende nicht in Kurzarbeit bringen, können eine Förderung erhalten. KMU, die die Ausbildung im Betrieb nicht fortsetzen können, sollen die Möglichkeit einer vorübergehenden geförderten betrieblichen Verbund- oder Auftragsausbildung erhalten. Die Details der Durchführung einer solchen Verbund- oder Auftragsausbildung werden im Rahmen der Allianz für Aus- und Weiterbildung erörtert. Betriebe, die zusätzlich Auszubildende übernehmen, die wegen Insolvenz ihres Ausbildungsbetriebs ihre Ausbildung nicht fortsetzen können, erhalten entsprechend der gemeinsamen Erklärung der Allianz für Aus- und Weiterbildung vom 26.5. eine Übernahmeprämie.
  • Steuerlichen Forschungszulage
    Der Fördersatz der steuerlichen Forschungszulage wird rückwirkend zum 1.1.2020 und befristet bis zum 31.12.2025 auf eine Bemessungsgrundlage von bis zu 4 Mio. Euro pro Unternehmen gewährt. Damit wird ein Anreiz gesetzt, dass Unternehmen trotz der Krise in Forschung und Entwicklung und damit in die Zukunftsfähigkeit ihrer Produkte investieren.
  • Anwendungsorientierten Forschung
    In der anwendungsorientierten Forschung werden die Mitfinanzierungspflichten für Unternehmen, die wirtschaftlich durch die Corona Krise besonders betroffen sind, reduziert. Der Bund unterstützt die großen außeruniversitären Forschungs-organisationen mit jeweils einem Fonds, aus dem erfolgversprechende Projekte in solchen Fällen eine Ersatzfinanzierung erhalten können, um den Abbruch der Forschungsarbeiten zu verhindern.
  • KFZ Steuer
    Die Kfz-Steuer für Pkw soll stärker an CO2-Emissionen ausgerichtet werden, wovon eine spürbare Lenkungswirkung hin zu emissionsärmeren bzw. emissionsfreien Fahrzeugen ausgehen wird. Für Neuzulassungen wird die Bemessungsgrundlage zum 1.1.2021 daher hauptsächlich auf die CO2-Emissionen pro km bezogen und oberhalb 95g CO2/km in Stufen angehoben. Zudem wird die bereits geltende zehnjährige Kraftfahrzeugsteuerbefreiung für reine Elektrofahrzeuge bis zum 31.12.2025 gewährt und bis 31.12.2030 verlängert.
  • Umweltprämie für umweltfreundliche Elektrofahrzeuge
    Durch die Umweltprämie soll der Austausch der Kfz-Fahrzeugflotte durch klima- und umweltfreundlichere Elektrofahrzeuge gefördert werden. Im bestehenden System sollen die Prämien des Bundes als neue „Innovationsprämie“ verdoppelt werden. Die Prämie der Hersteller bleibt davon unberührt. Das bedeutet zum Beispiel, dass bis zu einem Nettolistenpreis des E-Fahrzeugs von bis zu 40.000 Euro die Förderung des Bundes von 3.000 auf 6.000 Euro steigt. Diese Maßnahme ist befristet bis 31.12.2021. Bei der Besteuerung von rein elektrischen Dienstwagen von 0,25% soll die Kaufpreisgrenze von 40.000 Euro auf 60.000 Euro erhöht werden. Im Rahmen der nationalen Plattform „Mobilität der Zukunft“ soll die Frage des optimierten Nutzungsgrades des elektrischen Antriebs bei plug-in Hybridfahrzeugen diskutieren werden.

Wie Sie den Auflistungen entnehmen können, sind eine Vielzahl von Änderungen geplant. Es bleibt im nächsten Schritt abzuwarten, wie die genauen Umsetzungen aussehen werden.

Wir halten Sie weiterhin umgehend informiert.

Ihr Kanzleiteam
Klinkenberg & Kloubert

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