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Thema des Monats April 2023 – Remote Work – Homeoffice im Ausland

5. April 2023

Lesedauer: 7 Minuten

1. Einleitung

Homeoffice ist für viele Unternehmen – insbesondere auch durch die Corona-Pandemie –  relevanter geworden. Immer häufiger werden Arbeitgeber mit Anfragen der Beschäftigten zur Gewährung von mobilem Arbeiten konfrontiert bzw. es sollen grundsätzlich Homeoffice-Arbeitsplätze geschaffen werden.

In unserer aktuellen Ausgabe des Thema des Monats beschäftigen wir uns insbesondere mit den steuerrechtlichen Aspekten, die beim Homeoffice Arbeiten, bei Arbeitnehmern mit Wohnsitz im Ausland relevant sind und möchten Ihnen einen Grundüberblick verschaffen.

2. Mobiles Arbeiten im Ausland aus lohnsteuerlicher Sicht

Der inländische Arbeitgeber ist zum Lohnsteuerabzug seiner Arbeitnehmer verpflichtet, sofern diese entweder unbeschränkt steuerpflichtig oder aufgrund fehlenden Wohnsitzes in Deutschland durch Verwertungstatbestand mit ihren nichtselbständigen Einkünften beschränkt steuerpflichtig sind.

Problematisch in diesem Zusammenhang ist, dass die im Ausland erbrachten Tätigkeiten je nach Doppelbesteuerungsabkommen dort zu einer Lohnsteuerpflicht führen, was zu einer Registrierungspflicht des Arbeitgebers in diesem Land führt. Der Arbeitslohn ist in Fällen, in denen teilweise die Tätigkeit im Ausland (Homeoffice) erbracht wird und teilweise in Deutschland stattfindet nach Tagen aufzuteilen.

Für die Fälle, in denen aus dem Ausland im Homeoffice gearbeitet wird und eine Registrierung im Ausland sowie Aufteilung der Lohnsteuer unterlassen wird, besteht latent die Gefahr, dass der ausländische Staat bei Kenntnisnahme die nicht abgeführten Lohnsteuerbeträge ggf. auch rückwirkend einfordert. Zugleich kann jedoch die bereits in Deutschland abgeführte Lohnsteuer festsetzungsverjährt sein, so dass eine nachträgliche Korrektur in Deutschland nicht mehr möglich wäre. Eine echte Doppelbesteuerung wäre hieraus die Folge.

3. Mobiles Arbeiten im Ausland aus ertragsteuerlicher Sicht

Betriebstätten Risiko

Neben dem grundsätzlichen Risiko der vorstehend erläuternden Lohnsteuerproblematik besteht weiterhin die Gefahr, dass eine ausländische Betriebsstätte begründet wird, und somit Ihr Unternehmer als solches im ausländischen Staat steuerpflichtig wird.

Das mobile Arbeiten im Ausland kann eine beschränkte Steuerpflicht des inländischen Arbeitgebers im Ausland begründen, wenn die Arbeitnehmenden durch ihre Tätigkeiten im Ausland sowohl nach nationalen als auch nach abkommensrechtlichen Grundsätzen im Ausland eine Betriebsstätte für den inländischen Arbeitgeber begründen bzw. im Ausland als ständiger Vertreter für den ausländischen Arbeitgeber agieren.

Entsteht eine Betriebsstätte des Arbeitgebers im Ausland, hat der Arbeitgeber mit hohem administrativem Aufwand in Form von Registrierungs-, Erklärungs-, Buchführungs-, und sonstigen Aufzeichnungen- und Dokumentationspflichten sowie das Risiko der Doppelbesteuerung in dem Fall eines Qualifikationskonflikts zu rechnen.

Für das Vorliegen einer Betriebsstätte nach der deutschen Auffassung muss eine Geschäftseinrichtung oder Anlage gegeben sein, die „fest“ ist und die der Tätigkeit des Unternehmens dient. Zusätzlich muss über die Geschäftseinrichtung seitens des Arbeitgebers eine Verfügungsmacht bestehen, damit diese der Tätigkeit eines Unternehmens dienen kann.

Anwendung auf das Homeoffice:

Eine Tätigkeit im Homeoffice wird typischerweise im Haus oder in der Wohnung der Mitarbeiter ausgeführt. Hierfür ist im Sinne der Betriebsstätten-Prüfung nicht zu unterscheiden, ob ein Arbeitszimmer oder eine Arbeitsecke vorliegt. Beides erfüllt den Tatbestand der Geschäftseinrichtung, da Räumlichkeiten unter diese zu subsumieren sind. Diese Räumlichkeit ist regelmäßig fest im Sinne einer örtlichen „Verwurzelung“.

Regelmäßig ist davon auszugehen, dass die Tätigkeit eines Arbeitnehmers der Tätigkeit des Unternehmers dient.

Fraglich ist jedoch, ob das Kriterium der Verfügungsmacht erfüllt wird, da eine Homeoffice-Tätigkeit in der Regel nur in einem Teil einer Wohnung oder einem Haus ausgeübt wird und dieser Bereich dem Privatbereich des Arbeitnehmers zuzurechnen ist. Zu diesem hat der Arbeitgeber keinen Zutritt, sodass die Annahme einer Betriebsstätte dem Grunde nach an der fehlenden Verfügungsmacht über die privaten Räumlichkeiten scheitert.

Eine Tätigkeit im Homeoffice führt somit für sich allein noch nicht automatisch zu einer Verfügungsmacht des Arbeitgebers. Allerdings ist die Erbringung der Arbeitsleistung im Homeoffice regelmäßig auf eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zurückzuführen. Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, dem Arbeitgeber das Homeoffice für seine berufliche Tätigkeit zur Nutzung zur Verfügung zu stellen, woraus sich der Arbeitgeber das Recht ableitet, dass das Homeoffice für sein Unternehmen genutzt wird.

Bei einem Arbeitnehmer, der neben seinem Homeoffice einen weiteren Arbeitsplatz im Betrieb hat, den er regelmäßig aufsucht, ist daher keine Verfügungsmacht des Arbeitgebers am Homeoffice gegeben. Die Entscheidung über das „ob“ der Nutzung des Homeoffice liegt in diesem Fall allein beim Arbeitnehmer. Auf dieser Basis sollte ein „privat veranlasster“ Homeoffice Aufenthalt nicht zur Annahme einer festen Geschäftseinrichtung führen.

Sollte nach deutschen Vorschriften ein Vorliegen einer Betriebsstätte verneint werden, empfiehlt es sich aus Arbeitgebersicht trotzdem das Mobile Arbeiten im Ausland mit einem ausländischen Steuerberater zu klären um möglicherweise Kriterien für eine ausländische Auslegung so konkret wie möglich zu definieren.

Bitte beachten Sie zudem, dass bei Geschäftsführern und sog. ständigen Vertretern eine verschärfte Regelung vorhanden ist. Bei diesen Personen entsteht deutlich schneller die Zuordnung einer Betriebsstätte im Ausland für das Unternehmen, so dass bei diesen Personengruppen vor Beginn der Tätigkeit weitergehende Regelung notwendig sind um eine Betriebsstätte im Ausland zu vermeiden.

4. Mobiles Arbeiten im Ausland aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht

Bei einer grenzüberschreitenden mobilen Arbeit gilt der Ort als Beschäftigungsort im Sinne des Sozialversicherungsrechts, an dem die Tätigkeit tatsächlich ausgeübt wird.

–           Mobiles Arbeiten innerhalb der EU, des EW-Raums und in der Schweiz

Für die EU-Mitgliedstaaten bestimmt sich das anwendbare System der Sozialversicherung nach der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit.

Arbeitet eine Person also ausschließlich von zu Hause aus für einen in einem anderen EU-Mitgliedstaat/EWR-Staat oder der Schweiz ansässigen Arbeitgeber, unterfällt sie dem System der sozialen Sicherheit ihres Wohnstaates, der gleichzeitig Beschäftigungsstaat ist.

Findet die Tätigkeit einer Person sowohl als mobile Arbeit/Telearbeit von zu Hause als auch vor Ort bei ihrem Arbeitgeber statt, sind insbesondere zwei Konstellationen denkbar:

−          Arbeitet eine Person regelmäßig von zu Hause aus für einen Arbeitgeber mit Sitz in einem anderen EU-Mitgliedstaat / EWR-Staat oder der Schweiz und ansonsten vor Ort bei ihrem Arbeitgeber (z. B. in dessen Büro), gilt sie als Person, die ihre Beschäftigung gewöhnlich in zwei Mitgliedstaaten ausübt. Das anzuwendende Sozialversicherungsrecht bestimmt sich wie folgt: Liegt der Anteil der mobilen Arbeit im Ausland unter 25 Prozent, unterfällt die Tätigkeit insgesamt dem Recht der sozialen Sicherheit des Staates, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat.

  • Liegt der Anteil der Arbeit des mobilen Arbeitens im Wohnstaat über 25 Prozent, unterfällt die Tätigkeit in der Regel insgesamt dem Recht des Wohnstaates.

Dies bedeutet, dass ein Vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer mit regelmäßig einem Tag Homeoffice pro Woche dem Recht der sozialen Sicherheit des Staates unterfällt, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat und eine vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmerin, die als Grenzgängerin mit mehr als einem Tag Homeoffice pro Woche hingegen dem System der sozialen Sicherheit ihres Wohnstaates unterfällt.

Die rechtsverbindliche Festlegung des anzuwenden Rechts der sozialen Sicherheit kann im konkreten Einzelfall mit Ausstellung einer A1-Bescheinigung als Nachweis für die Mehrfachbeschäftigung bei dem dafür zuständigen Träger des Wohnstaates beantragt werden. Einzelheiten zum Verfahren und den Zuständigkeiten sind z.B. auf der Webseite des GKV-Spitzenverbandes, Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung – Ausland (DVKA) abrufbar.

  • Vorübergehendes Homeoffice

Arbeitet eine Person ausnahmsweise für einen begrenzten Zeitraum ausschließlich von zu Hause oder einem anderen Ort (z. B. Ferienhaus) aus für einen in einem anderen EU-Mitgliedstaat / EWR Staat oder der Schweiz ansässigen Arbeitgeber und ansonsten vor Ort bei ihrem Arbeitgeber (z. B. in dessen Büro), liegt bei Vorliegen sämtlicher Voraussetzungen eine sozialversicherungsrechtliche Entsendung der betreffenden Person vor, so dass das Recht der sozialen Sicherheit des eigentlichen Beschäftigungsstaates weiter anwendbar bleibt.

Erste Voraussetzung ist, dass die Mitarbeitenden vorhersehbar und regelmäßig in mehreren Mitgliedstaaten der EU, dem EWR bzw. der Schweiz tätig sind.

Zweite Voraussetzung ist, dass der Mitarbeiter seinen Wohnsitz in einem der Mitgliedstaaten hat, in denen er regelmäßig arbeitet. Relevant sind nicht innerstaatliche Meldungen als Erst- oder Zweitwohnsitz.

Dritte Voraussetzung und Weichenstellung für das anwendbare Sozialversicherungssystem ist, ob der Mitarbeiter einen wesentlichen Teil seiner Tätigkeit im Wohnsitzstaat ausübt oder nicht. Entscheidend sind dafür: Arbeitszeit und/oder Arbeitsentgelt als Orientierungskriterien, die 25 % oder mehr erreichen müssen, um „wesentlich“ zu sein. Wesentlich bedeutet, dass der Arbeitnehmer mindestens 25 Prozent der Arbeit – dies entspricht regelmäßig 3 Monaten im Jahr – im Ausland erbringt.

Die Beantragung einer A1-Bescheinigung in diesen Fällen ist ratsam.

–           Homeoffice außerhalb der EU, des EW-Raums und der Schweiz

Eine Homeoffice-Tätigkeit außerhalb der EU, des EWR und der Schweiz ist grundsätzlich anders zu beurteilen. Hier bestimmt sich das maßgebliche Sozialversicherungsrecht in erster Linie nach etwaigen Sozialversicherungsabkommen. Bei einer Homeoffice-Tätigkeit in einem vertragslosen Ausland kann der Verbleib im deutschen Sozialversicherungssystem sichergestellt werden, wenn die Homeoffice-Tätigkeit zeitlich befristet ist und im Rahmen des in Deutschland bestehenden Arbeitsverhältnisses erfolgt und vom Arbeitgeber erlaubt ist.

Eine entsprechende Prüfung des Verbleibs der beschäftigten Person in der deutschen Sozialversicherung wäre bei den zuständigen Sozialversicherungsträgern zu beantragen. Eine Doppelversicherung kann in diesen Fällen nicht ausgeschlossen werden.

Bei dauerhafter Homeoffice-Tätigkeit im Ausland, wird das Sozialversicherungsrecht des Wohnstaates der Mitarbeitenden in vollem Umfang angewendet. Den Arbeitgeber trifft in diesem Fall die Pflicht zur Anmeldung, Registrierung sowie zur Entrichtung der Beiträge zur Sozialversicherung.

  • Ausnahmevereinbarungen

Im Interesse einer betroffenen Person können die zuständigen Stellen in den Mitgliedstaaten Ausnahmen von den oben genannten Regelungen der Verordnungen vereinbaren. Soll für einen Arbeitnehmer „Grenzgänger“ nach Deutschland z. B. trotz 50 % Homeoffice im Wohnstaat ausnahmsweise das deutsche Recht weitergelten, kann ein entsprechender Antrag beim GKV-Spitzenverband, Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung – Ausland (DVKA) gestellt werden. Eine solche Ausnahmevereinbarung steht im Ermessen der zuständigen Stellen und kann nur im Einvernehmen mit der zuständigen Stelle des jeweiligen Staates getroffen werden.

Bezüglich der Thematik der Sozialversicherungszuordnung möchten wir Sie bitten bei Bedarf einen Fachanwalt für Sozialversicherungsrecht zu kontaktieren, da uns als Steuerberater – berufsrechtlich – lediglich Informationsmöglichkeiten und keine beratenden Tätigkeiten vorgegeben sind.

5. Fazit

Mit diesem Beitrag wollten wir Sie für das Thema sensibilisieren um gegebenenfalls Vereinbarungen so zu gestalten, dass keine Fallstricke enthalten sind.

Da das Thema sehr umfangreich ist und dieser Beitrag nur eine kurze Zusammenfassung des Themas darstellt, bitten wir Sie, sich mit uns bei Bedarf in Verbindung zu setzen.

Ihr Kanzleiteam

Klinkenberg & Kloubert

Sollten Sie weitere Fragen zu dieser Thematik haben, können Sie sich gerne mit uns in Verbindung setzen.

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