Thema des Monats April 2025 – Steuervorteile durch Grundstücksschenkung unter Nießbrauchsvorbehalt
2. April 2025
Grundsätze
Der Vorbehaltsnießbrauch ist die wohl am häufigsten anzutreffende Form des Nießbrauchs, die in der Praxis oft im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge bei der Übertragung von Grundstücken oder Geschäftsanteilen anzutreffen ist. Im nachfolgenden wird auf die steuerlichen Auswirkungen bei Übertragung eines Grundstücks näher eingegangen. Dabei überträgt der Schenker (z. B. Eltern) das zivilrechtliche Eigentum an einem Grundstück auf eine andere Person, behält sich aber das Recht zur Nutzung (z. B. zu eigenen Wohnzwecke oder zur Vermietung an Dritte) an dem Grundstück vor.
Das bedeutet, dass der Erwerber zwar zivilrechtlicher Eigentümer des Grundstücks wird, wirtschaftlich betrachtet erhält er das Grundstück jedoch nur mit dem Nießbrauchsrecht belastet. Die Belastung mit dem Nießbrauchsrecht stellt dabei keine Gegenleistung des Erwerbers dar, wie etwa ein Kaufpreis.
Darüber hinaus kann durch den Eigentümer ein Nießbrauchsrecht testamentarisch für die Zeit nach seinem Ableben für Dritte eingeräumt werden. Hierzu ein kurzes Beispiel: Der Erblasser E verstirbt und hat testamentarisch verfügt, dass sein Bruder B (kein gesetzlicher oder testamentarischer Erbe) der bereits seit einigen Jahren in einer Wohnung lebt, die zum Eigentum des E gehört, ein lebenslängliches Nießbrauchsrecht an der Wohnung eingeräumt bekommt. Im Ergebnis kann er die Wohnung also innerhalb seines Familienstammes vererben und über seinen Tod hinaus dafür Sorge tragen, dass der Bruder weiterhin kostenfrei in der Wohnung leben kann. Der Bruder könnte auch aus der Wohnung ausziehen und diese vermieten.
Ertragsteuerliche Folgen beim Nießbraucher (Schenker)
Im Rahmen einer Vermietung erhält der Vorbehaltsnießbraucher die Mieteinnahmen aus dem Grundstück, da er das Nutzungsrecht besitzt. Das gilt selbst dann, wenn er es an den neuen Eigentümer vermietet. Gleichzeitig kann er Kosten, die er gesetzlich oder vertraglich tragen muss, (weiterhin) als Werbungskosten abziehen. Insofern ändert sich im Wesentlichen nichts, im Vergleich zu dem Zeitpunkt vor der Übertragung.
Falls das Grundstück mit Nießbrauchsvorbehalt verkauft wird, bleibt die Grundlage für die Gebäudeabschreibungen unverändert. Die Gegenleistung des Käufers mindert hierbei auch nicht die Bemessungsgrundlage zur AfA.
Ertragsteuerliche Folgen beim zivilrechtlichen Eigentümer (Erwerber)
Der neue Eigentümer kann keine Werbungskosten oder Abschreibungen geltend machen, da er das Grundstück nicht selbst nutzen und damit keine Einkünfte erzielen kann.
Ausnahme: Falls der neue Eigentümer vor der Aufhebung des Nießbrauchs Kosten übernimmt und die Aufhebung des Vorbehaltsnießbrauchs zeitnah erfolgen soll, kann er diese Ausgaben als vorweggenommene Werbungskosten abziehen, sofern er das Objekt künftig zur Einnahmenerzielung nutzen möchte. Das ist auch der Fall, wenn klar ist, dass er das Gebäude in naher Zukunft selbst nutzen wird, zum Beispiel, wenn der Nießbrauch nur noch bis zum Jahresende besteht.
Nach Ende des Nießbrauchs (z. B. durch Ablösung, durch Ablauf einer Befristung des Nießbrauchsrechts oder durch Tod bei lebenslänglichen Nießbrauchsrechten) kann der neue Eigentümer Abschreibungen ansetzen, wenn er das Grundstück zur Einkünfteerzielung nutzt. Der Wert des Nießbrauchs zählt dabei nicht zu den Anschaffungskosten. Das Abschreibungsvolumen muss um die Beträge reduziert werden, die in der Zeit zwischen dem Grundstückserwerb und dem Ende des Nießbrauchs bereits beim Schenker abgeschrieben wurden. Bei einer unentgeltlichen Übertragung darf der neue Eigentümer die Abschreibung des früheren Besitzers fortführen.
Erbschaft- und Schenkungsteuerliche Folgen
Wenn ein Grundstück zu Lebzeiten oder durch den Tod an den oder die testamentarischen oder gesetzlichen Erben übertragen wird, unterliegt der Vorgang grundsätzlich der Erbschaft- und Schenkungsteuer. Hierzu besteht die Möglichkeit auf vollständige Verschonung, sofern es sich z. B. um ein sogenanntes Familienheim im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 4a bis 4c ErbStG handelt. Bei zu Wohnzwecken vermietetem Grundbesitz sind die Grundbesitzwerte lediglich mit 90 Prozent bei der Berechnung der Erbschaft- und Schenkungsteuer heranzuziehen. Maßgeblich für die Berechnung ist der sogenannte Grundbesitzwert, der nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes zu berechnen ist.
Da die Schenkung von Grundbesitz aufgrund der hohen Grundbesitzwerte häufig zu einer hohen Belastung mit Erbschaft-/Schenkungsteuer führt, stellt die Übertragung unter Nießbrauchsvorbehalt eine attraktive Gestaltungsmöglichkeit dar, denn der Wert des Nießbrauchs mindert den Wert der Schenkung und kann somit den Steueranfall reduzieren oder sogar vollständig verhindern.
Nießbrauchswert: Bei der Ausgestaltung eines lebenslänglichen Nießbrauchsvorbehalt ist der Jahreswert der Nutzung des Grundbesitzes (Einnahmen ./. Werbungskosten) anhand der statistischen Lebensdauer des Nießbrauchnehmers zu kapitalisieren. Der sich daraus ergebende Nießbrauchswert stellt eine Belastung dar und mindert somit den Wert der Schenkung, was folglich zu einer geringeren Steuerbelastung führt.
Beispiel: Der Schenker S (männlich, 76 Jahre alt) schenkt seiner Tochter T ein vermietetes Mehrfamilienhaus. Das Objekt ist unbelastet. Für das Mehrfamilienhaus wurde im Ertragswertverfahren ein Steuerwert in Höhe von 650.000,00 EUR festgestellt. Die Übertragung erfolgt unter Vorbehalt eines an die Lebensdauer des S geknüpften Nießbrauchsrechts. Die jährlichen Mieteinnahmen sollen in diese Beispiel 36.000,00 EUR und die jährlichen Werbungskosten 10.000,00 EUR betragen. Nachfolgend stellen wir nun die steuerliche Berechnung mit und ohne Vorbehaltsnießbrauch (VBN) dar:
Übertragung mit VBN | Übertragung ohne VBN | Differenz | |
Grundvermögen | 650.000,00 EUR | 650.000,00 EUR | – |
./. Befreiung § 13d (1) ErbStG | – 65.000,00 EUR | – 65.000,00 EUR | – |
= Vermögensanfall | 585.000,00 EUR | 585.000,00 EUR | – |
./. Nießbrauchswert § 10 (5) Nr. 2 ErbStG | 204.256,00 EUR | 0,00 EUR | – 204.256,00 EUR |
= Bereicherung des Erwerbers | 380.744,00 EUR | 585.000,00 EUR | 204.256,00 EUR |
./. Freibetrag § 16 (1) Nr. 2 ErbStG | – 380.744,00 EUR | – 400.000,00 EUR | – |
= Steuerpflichtiger Erwerb | 0,00 EUR | 185.000,00 EUR | 185.000,00 EUR |
x Steuersatz § 19 Abs. 1 ErbStG | 0 % | 11 % | – |
= Festzusetzende Steuer | 0,00 EUR | 20.350,00 EUR | 20.350,00 EUR |
Ermittlung zum Wert des Nießbrauchs: Des Jahreswerts beläuft sich auf 26.000,00 EUR (36.000,00 EUR ./. 10.000,00 EUR). Eine Begrenzung nach § 16 BewG ist nicht notwendig (650.000,00 EUR / 18,6 = 34.946,00 EUR). Aufgrund des Alters von S ergibt sich ein Vervielfältiger von 7,856 (BMF-Schreiben vom 09.12.2024). Der Wert des Nießbrauchs beträgt (26.000,00 EUR x 7,856) = 204.256,00 EUR.
Fazit
Bei einer Übertragung unter Vorbehaltsnießbrauch überträgt der bisherige Eigentümer und Schenker das zivilrechtliche Eigentum an dem Grundstück. Dabei behält er sich das Nießbrauchsrecht vor und ist daher berichtigt das Objekt weiterhin zu nutzen. Dies kann zu eigenen Wohn-/Geschäftszwecken oder zur Erzielung von Vermietungseinkünften sein. Im Falle der Vermietung sind die Vermietungseinkünfte dem Nießbraucher weiterhin zuzurechnen. Dieser ist i. d. R. auch zur Substanzerhaltung verpflichtet und kann die mit dem Objekt zusammenhängenden Kosten als Werbungskosten steuerlich geltend machen.
Das Nießbrauchsrecht kann hierbei zeitlich beschränkt oder lebenslänglich vereinbart werden. Je früher ein Objekt unter Vorbehaltsnießbrauch übertragen wird bzw. je länger das Recht besteht, desto höher ist der bewertungsrechtliche Wert des Nießbrauchs, der bei der Berechnung der Erbschaft-/Schenkungsteuer in Abzug gebracht wird. Hieraus ergibt sich ein geringerer steuerpflichtiger Erwerb und folglich eine niedrigere Steuerbelastung. Je nach Ausgestaltung und Wert des Objektes kann der Anfall der Steuer sogar ganz vermieden werden – wie wir in unserem Beispiel zuvor dargestellt haben.
Ihr Team
Klinkenberg & Kloubert