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Thema des Monats November 2021 – Erleichterungen bei der sogenannten erweiterten Gewerbesteuerkürzung – ein Modell zur Steueroptimierung für Immobiliengesellschaften

29. Oktober 2021

Lesedauer: 4 Minuten

Diese Woche, namentlich am 27.10.2021, begannen SPD, Grüne und FDP ihre konkreten Koalitionsverhandlungen.

Es zeichnet sich ab, dass eine gemeinsame Linie in Sachen Steuerpolitik zu finden, für die sogenannte Ampelkoalition mit am schwierigsten sein wird.

Bei uns steht diesen Monat die Ampel auf Grün, da wir Ihnen diesmal in unserem Thema des Monats ein vergleichbar einfaches Modell vorstellen, wie Sie Ihre laufende Steuerbelastung durch die sogenannte erweiterte Gewebesteuerkürzung auf bis ca. 15 Prozent reduzieren können.

Ziel der sogenannten erweiterten Gewerbesteuerkürzung

Der Zweck der sogenannten erweiterten Gewerbesteuerkürzung besteht darin, Gesellschaften die nur aufgrund ihrer Rechtsform gewerbesteuerpflichtig sind, beispielsweise Kapitalgesellschaften (GmbH und UG), sowie gewerblich geprägte Personengesellschaften (GmbH & Co. KG), von der Gewerbesteuer freizustellen, sofern sie ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten.

Steuerliche Wirkung der erweiterten Gewerbesteuerkürzung

Die erweiterte Gewerbesteuerkürzung führt bei Vorliegen aller hierfür erforderlichen Voraussetzungen zur vollständigen Gewerbesteuerentlastung bezüglich der auf die Grundstücksverwaltung entfallenden Gewinne. Dies bedeutet für den Raum Aachen – bei einem Hebesatz von derzeit 475 Prozent – eine Steuerentlastung von ca. 16,6 Prozent.

Damit kann die Anwendung der erweiterten Gewerbesteuerkürzung eine exorbitante Bedeutung für die Rentabilität einer Immobilieninvestition gewinnen, da bei Kapitalgesellschaften der Gewinn aus der Vermietungstätigkeit lediglich mit ca. 15,8 Prozent Körperschaftsteuer inkl. Solidaritätszuschlag belastet wird.

Grundsätzlich ist auch bei Gesellschaften mit aktiven Gewerbebetrieb zu überlegen, ob ggf. fremdvermieteter Grundbesitz ausgelagert werden soll, beispielsweise durch Ausgliederung auf Tochtergesellschaften, so dass bei Anwendung der erweiterten Gewerbesteuerkürzung eine Gewerbesteuerentlastung der Mieterträge realisiert werden kann.

Voraussetzungen und Gefahren für die Inanspruchnahme

Der Gesetzgeber sieht vor, dass für die Anwendung der erweiterten Gewerbesteuerkürzung sehr strenge Regelungen eingehalten werden müssen. Selbst geringfügige Abweichungen von den Gesetzesnormen können zur vollständigen Versagung der Gewerbesteuerentlastung führen. Eine der Grundvoraussetzungen für die Anwendung der Regelung ist, dass die Gesellschaft ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet. Da der Begriff des Grundbesitzes sehr eng ausgelegt wird, führt die Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen zur Versagung der Gewerbesteuerentlastung. Weiterhin darf die Gesellschaft neben der Verwaltung der eigenen Immobilien keine gewerbliche Tätigkeit ausüben – selbst ein geringer gewerblicher Tätigkeitsumfang kann schädlich sein.

Diesbezüglich stellt sich in der Praxis – und hier insbesondere in Betriebsprüfungen – vermehrt die Abgrenzungsproblematik, die insbesondere in der Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen liegt. Die Definition des Grundbesitzes bestimmt sich nach dem Bewertungsgesetz. Danach sind Betriebsvorrichtungen, auch wenn sie einen wesentlichen Bestandteil des Grundstücks bilden, nicht Teil des Grundbesitzes. Gemäß Begriffsbestimmung sind Betriebsvorrichtungen Maschinen und sonstige Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören, auch wenn sie wesentliche Bestandteile des Grundbesitzes sind. Klassische Beispiele für Betriebsvorrichtungen sind Arbeitsbühnen, Lastenaufzüge, Silos usw.

Wie bereits ausgeführt können in der Praxis weitere Tätigkeiten der Vermietungsgesellschaft zu erheblichen Problemen bis hin zur vollständigen Versagung der Gewerbesteuerbefreiung führen. In diesem Zusammenhang hat die Energiewende in den letzten Jahren einen weiteren Stolperstein in Bezug auf die erfolgreiche Anwendung der erweiterten Gewerbesteuerkürzung in den Weg gelegt.  Der Betrieb von Photovoltaik-Anlagen ist zwar gut für die Umwelt, kann aber gefährlich für die Steuerentlastung sein. Hintergrund ist, dass der Betrieb einer Photovoltaik-Anlage grundsätzlich eine gewerbliche Tätigkeit darstellt – durch die Einspeisung des erzeugten Stroms in das Stromnetz bzw. durch die Stromlieferung an die Mieter.  Das Vorstehende gilt auch analog für den Betrieb eines Blockheizkraftwerkes.

Verbesserungen durch das Fondsstandortgesetz

Gerade vor dem Hintergrund der steigenden Finanzgerichtsverfahren betr. die genannten Problematiken, ist durch das neue Fondsstandortgesetz (verkündet am 10. Juni 2021) die Regelung zur sog. erweiterten Gewerbesteuerkürzung zu Gunsten der Unternehmen verbessert wurden

Der Gesetzgeber hat mit Artikel 9 im Fondsstandortgesetz (FoStoG) den § 9 Nr. 1 S. 2 ff GewStG geändert.

Die sogenannte erweiterte Gewerbesteuerkürzung – und hiermit de facto die vollständige Entlastung von Gewerbesteuer –  für reine Grundstücksunternehmen, ist künftig grundsätzlich auch dann möglich, wenn neben der Nutzung und Verwaltung des eigenen Grundbesitzes auch:

a) Einnahmen aus der Lieferung von Strom aus eigenen Anlagen zur Stromerzeugung im Sinne des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (beispielsweise Photovoltaikanlage; Achtung: unter diese Regelung fallen jedoch nicht die Einnahmen aus Blockheizkraftwerken) an Mieter des Grundstücksunternehmers oder

b) der Betrieb von Ladestationen für E-Fahrzeuge oder E-Fahrräder durchgeführt wird.

WICHTIG: Die erweiterte Gewerbesteuerkürzung ist jedoch vorstehend nur möglich, wenn die Einnahmen aus den vorgenannten Stromlieferungen zusammen (d.h. a) +b)) maximal 10% der Einnahmen aus der Gebrauchsüberlassung des Grundbesitzes betragen.


Als weitere Erleichterung wurde die Bagatellgrenze in Höhe von 5% in § 9 Nr. 1 S. 2 ff GewStG aufgenommen. Grundstücksunternehmer können aus vertraglichen Beziehungen mit den Mietern schädliche Einkünfte (z.B. Vermietung von Betriebsvorrichtungen und das Betreiben von Blockheizkraftwerken) bis maximal 5% der Einnahmen aus der Gebrauchsüberlassung des Grundbesitzes tätigen ohne die erweiterte Gewerbesteuerkürzung zu verlieren.

Fazit

Grundsätzlich tragen die Verbesserungen dazu bei auch steuerrechtlich die Energie- und Mobilitätswende zu flankieren. Sicherlich wäre eine höhere Bagatellgrenze sehr zu begrüßen gewesen, da insbesondere die Vermietung von Betriebsvorrichtungen in der Praxis ein erhebliches Problem/Risiko in Bezug auf die sog. erweiterte Gewerbesteuerkürzung darstellt.

Trotz Einführung der Bagatellgrenzen müssen die Voraussetzungen der Regelung für die erweiterte Gewerbesteuerkürzung in der Praxis weiterhin beachtet werden. Insbesondere müssen die vorstehenden Einnahmen identifiziert und der Höhe nach ermittelt werden, um zu prüfen, ob die Höchstgrenzen nicht überschritten werden.

Folglich sind Betriebsvorrichtungen auch weiterhin von besonderer Bedeutung und in einigen Fällen bleiben die derzeitigen Gestaltungen weiterhin anwendbar, dass nicht das Grundbesitzunternehmen die Betriebsvorrichtungen an die Mieter überlässt.

Sprechen Sie uns gerne an.

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